lange Zeit habe ich gebraucht, diesen Blogpost für euch zu schreiben und online zu stellen. Dabei ist der Inhalt an sich größtenteils nicht sehr emotional. Aber direkt nach der Rückkehr hat es sich noch zu früh angefühlt, über meine Zeit in London zu schreiben. Mittlerweile fühlt sich der Druck nicht mehr ganz so groß an.
Auf Instagram hatte ich gefragt, ob ihr Fragen an mich und meine Freundin Nina habt. Ich habe Nina in London kennengelernt. Sie kommt auch aus Deutschland und arbeitet seit Anfang des Jahres in London. Da sie dort fest arbeitet und einen Vollzeitjob hat, dachte ich, dass sie einige Fragen nochmal besser beantworten kann und von einer anderen Seite beleuchten kann. Zu all den Fragen, zu denen Nina etwas beantworten konnte, habe ich es natürlich für euch hinzugefügt. Daher lasst uns einfach mit all euren Fragen loslegen!
Was habe ich in London gemacht?
Ich war für ein Teilzeit Praktikum in London. Von montags bis mittwochs habe ich also gearbeitet und die restliche Zeit dazu genutzt London zu erkunden.
Wo bin ich untergekommen?
Gewohnt habe ich in einem Studentenwohnheim. Es war das Tufnell House von IQ. Diese haben einige Wohnheime in ganz Großbritannien und besonders in London. Da ich in Islington gearbeitet habe, hat sich das Tunnel House für mich gut angeboten. Da die meisten Studentenwohnheime in London nur für längere Zeiträume ihre Zimmer vermieten, habe ich über den Studentenservice Britannia mein Zimmer für 12 Wochen gebucht. Man muss dazu sagen, dass die Miete sehr teuer war, sich der Aufenthalt dort aber mehr als gelohnt hat. Im Studentenwohnheim habe ich so viele Menschen kennengelernt und Freundschaften geschlossen und ich vermute diesen Anschluss hätte ich in einer WG nicht gehabt. Man wohnt Tür an Tür mit anderen Menschen und lernt durch Veranstaltungen des Wohnheims super schnell neue Leute kennen.
Nina wohnt in einer WG, die sie über eine Facebook Gruppe gefunden hat. Da dort keine Agenturen zwischengeschaltet sind wie bei Spareroom hat sie das als besser empfunden. Generell hilft es aber immer Augen und Ohren offen zu halten und auf verschiedenen Plattformen zu schauen.
Welche Schwierigkeiten gibt es?
So richtige Schwierigkeiten hatte ich eigentlich keine. Am Anfang hatte ich Bedenken, dass es schwierig wird Anschluss zu finden. Es stellte sich aber schnell heraus, dass zu dem Zeitpunkt als ich eingezogen bin, das Studienjahr noch nicht begonnen hatte und demnach alle ausgezogen sind. Nach wenigen Wochen sind aber alle neuen Studenten eingezogen und die Gruppendynamik war so gut, dass man schnell Bekanntschaften und auch enge Freundschaften geschlossen hat.
Was die Arbeit anging, kannte ich meine Kollegen aus London alle schon. Denn ich habe das Praktikum in dem Unternehmen gemacht, für das ich schon seit einem Jahr arbeite. Sprich ich kannte meine Aufgaben und meine Kollegen.
Da Nina richtig nach London gezogen ist, fand sie all die bürokratischen Dinge herausfordernd. Besonders im Gedächtnis ist ihr die Eröffnung eines Bankkontos geblieben, weil man dazu einige Papiere und Nachweise benötigt.
Wie lernt man neue Menschen kennen?
Neue Menschen kennenzulernen habe ich als sehr einfach empfunden. Nina und ich sind beide in einigen Facebook Gruppen wie zum Beispiel London New Girl, in der nur Mädchen und Frauen sind, die nach London gezogen sind. In der Gruppe kann man zu allen Themen Fragen stellen und sich zum Kaffee, Shoppen, Spaziergang durch den Park und verschiedensten Dingen verabreden. Und wenn man Lust zur Abwechslung Deutsche zu treffen, sind wir beide in der Germans living in London Group, wodurch wir beide uns auch kennengelernt hatten.
Leider habe ich aber auch die Erfahrung gemacht, dass die Großstadt so viele Optionen bietet, dass viele sich im letzten Moment vor einer Verabredung doch absagen, weil sie etwas anderes vorhaben. So endeten abgemachte Treffen mit geplanten 8 Personen zu dritt. Für mich persönlich nicht allzu tragisch, da immer einige Menschen erschienen sind und ich auch nicht für lange Zeit in London war. Jedoch ist es für Nina schwierig “langfristige Freundschaften” zu schließen und Menschen regelmäßig zu treffen. Oft trifft man Menschen einmalig zu einem Kaffee und hört nichts mehr von ihnen, was ich doch wirklich sehr schade finde.
Welche waren meine schönsten Momente?
Rückblickend, wenn ich davon erzähle, mögen meine schönsten Momente langweilig wirken. Doch mir bedeuten sie sehr viel. Einer Moment hat mich durch meinen gesamten Aufenthalt getragen und trägt mich seither durch jeden Tag. Dazu müsst ihr wissen, dass es schon immer ein kleiner Traum von mir war, für einen längeren Zeitraum als eine Woche, in London zu sein und mal dort zu leben. Und bis vor genau einem Jahr war dieser Traum irreal.
Kommen wir aber jetzt zu dem besagten Moment. Es war die dritte August Woche, einen Tag bevor Nina und ich uns ursprünglich treffen wollten (es hat sich nämlich irgendwie eingebürgert, dass wir uns jede Woche Donnerstag getroffen haben). Bis dato war die Gruppendynamik im Studentenwohnheim nicht wirklich vorhanden, ich hatte Besuch von zwei Freundinnen und war kurzzeitig sehr krank und auch im Krankenhaus – und dennoch war ich total froh in London zu sein. Dann kam der Mittwoch. Nina schrieb mir, dass man an dem Abend kostenfrei aufs Shard könne und ob ich Lust hätte dorthin zu gehen. So trafen wir uns am Shard bis wir in den 72. Stock des beeindruckenden Gebäudes hinauf durften. Während wir dort oben waren, einen Drink bekamen und versucht haben uns bei der Musik zu unterhalten ging die Sonne unter. Ich kann kaum beschreiben, wie es sich angefühlt hat. In mir merkte ein Teil, dass dieser Traum wahr geworden war und dass wir alle öfter an unsere Träume glauben sollten. Es war so schön zu sehen wie die Welt sich dort unten weiter drehte und ich dort oben stand. Ganz weit oben. In meiner Herzensstadt. Und eine so liebe Person kennenlernte. Vollkommen angekommen.
Und der Abend nahm weiterhin seinen Lauf. Ich bin nach Hause gefahren, habe zufällig meinen Mitbewohner Jonas getroffen, der mich motivierte noch mit in den Gemeinschaftsraum zu gehen. Dort traf ich dann letztendlich die Person, die für mich zur wichtigsten Person in London wurde.
Der zweite Moment (und jetzt halte ich mich etwas kürzer) war ein ganzes Wochenende, denn ich hatte bei einer Verlosung von Cuckooz ein Penthouse Apartment für 5 Freunde und mich gewonnen. Wir sind dort eingezogen, haben Essen bestellt, einen Geburtstag gefeiert, am nächsten Morgen gemeinsam gefrühstückt und den ganzen Tag zusammen Filme angeschaut.
Ein dritter sehr schöner aber auch trauriger Moment war mein letzter Abend in London. Ich bin total geschafft von einem Termin gekommen und habe meine Freunde zum Pizza essen getroffen und anschließend haben wir den Abend im Gemeinschaftsraum ausklingen lassen, Tischtennis gespielt und uns voneinander verabschiedet. Ich bin unendlich froh, all diese Herzensmenschen kennenlernen zu dürfen und vermisse sie schon schrecklich. Und nachdem nun einigen Wochen vergangen sind und die Traurigkeit sich gelegt hat, bin ich dankbar, etwas zu haben, das den erst Abschied so schwer gemacht hat.
An welchem Ort in London fühlst du dich zu Hause?
Die Frage finde ich sehr schwierig zu beantworten. Ich habe mich rundum wohl gefühlt, zu jeder Zeit und an fast jedem Ort. Nina liebt die Gherkin und fühlt sich, sobald sie sie sieht wohl. Ich verspüre das gleiche Gefühl mit der St. Pauls Cathedral. Schwierig in Worte zu fassen weshalb, aber es fühlt sich gut an.
Hatte ich Heimweh?
In über drei Monaten ehrlich gesagt nur zwei Mal. Das erste Mal während ich in der zweiten Woche krank war und mein Körper vermutlich durch die ganze Umstellung ein bisschen mit allem überfordert war. In einem anderem Land krank sein ist irgendwie nochmal schlimmer und die Tatsache dort ins Krankenhaus zu müssen sowieso. Ich war in diesen Tagen sehr froh meine damalige deutsche Mitbewohnerin gehabt zu haben. (Falls du das hier liest: Tausend Dank und fühl dich gedrückt!!). Das zweite Mal Heimweh verspürte ich ungefähr in der Hälfte meiner Zeit dort. Einfach weil etwas Unschönes vorgefallen ist. Es ging nicht einmal um mich, aber um eine mir wichtige Person. Es hat mich sehr mitgenommen und das eine ganze Woche lang. Aber es war kein Mal so schlimm, dass ich nach Hause fahren musste. Selbst wenn euch das passieren sollte, es ist absolut nicht schlimm, denn Flüge nach Deutschland kosten mit Glück so wenig Geld. Heimatbesuch tut ab und zu einfach gut! Ansonsten habe ich oft mit meinen Eltern telefoniert und mit meinen Freunden gefacetimed. Eine vertraute Stimme und jemand, der dich gut kennt, bringt ganz schnell gute Laune und vertreibt das Heimweh.
Das waren bis hier hin die meist gestellten Fragen. Ein paar konkretere Fragen, beantworten wir nun kurz für euch:
Musstet ihr einen Sprachtest machen?
Nein, mussten wir beide nicht. Das mag aber vermutlich daran liegen, dass wir beide gearbeitet haben. Bei Bewerbung und Einschreibung an einer Uni ist das vielleicht noch ein mal etwas anderes.
Gibt es Unterschiede in der Arbeitswelt?
Da ich persönlich im gleichen Unternehmen gearbeitet habe wie ich es auch hier in Deutschland tue und unser Headquarter in Deutschland sitzt, waren kein großer Unterschied für mich zu bemerken. Nina sagt, dass die Briten auf der Arbeit um einiges gelassener sind. Das merkt man aber generell in jeglichen Situationen, das habe auch ich gemerkt. Natürlich wirkt sich das dann auch auf die Arbeit aus.
Könnt ihr ein Auslandsjahr in London empfehlen?
Ja, definitiv! Wenn es finanziell zu bewältigen ist, können wir London nur jedem empfehlen.
Und ich finde die letzte Frage und die dazugehörige Antwort sind ein guter Abschluss für diesen Beitrag. Ich hoffe ihr habt einen kleinen Einblick in meine Zeit in London bekommen und eure Fragen wurden beantwortet. Falls ihr weitere Fragen habt, lasst sich mich gerne in den Kommentaren wissen oder schreibt mir immer gerne eine Mail. Ich freue mich von euch zu lesen.
*Danke an Nina, die sich Zeit genommen hat, ein paar Fragen mit mit zu beantworten! Du fehlst mir schon und ich freue mich dich bald wieder zu sehen.
Bao meint
Sehr interessanter Post Linh 🙂 Danke für die Einblicke!